Ein Schritt vorwärts, drei zurück? Feminismus und Geschlechterrollen
Shownotes
Bei vielen Trends würde man sich wünschen, dass sie nie mehr wiederkehrten, darunter: Hüfthosen, Korsette – und ganz grundsätzlich die Diskriminierung von Frauen. Doch es scheint so, als würde die Gesellschaft derzeit bei letzterem wieder Rückschritte machen.
Dr. Isabella Belting, Leitung der Sammlung Mode / Textilien des Münchner Stadtmuseums, gibt Einblicke in die Zeit um 1900, als sich die Frauen gerade (wieder einmal) des Korsetts entledigt hatten: Lose Reformkleider erlaubten es, sich frei zu bewegen. Sie waren aber gleichzeitig auch ein Akt der Rebellion, was nicht alle Menschen gut fanden. Bereits zu dieser Zeit entwickelte sich der Antifeminismus, der auch gegenwärtig wieder zunimmt. Prof. Annette Henninger von der Philips-Universität Marburg erläutert, wo dieser Backlash seinen Ursprung nahm, warum aktuelle Phänomene wie der Trad-Wive-Trend problematisch sind und wie sich dagegen ankämpfen lässt.
Inhalt
[00:00] Einleitung
[05:00] Reise in die Vergangenheit, Interview mit Dr. Isabella Belting, Leitung der Sammlung Mode / Textilien des Münchner Stadtmuseums
[15:38] Zurück in die Gegenwart, Interview mit Prof. Annette Henninger, Professorin für Politik und Geschlechterforschung an der Philips-Universität Marburg
[25:26] Zusammenfassung und Ausblick
[28:10] Goodie
Abbildungen/Verweise
Damenkleid, um 1905, Münchner Stadtmuseum
Gesellschaftskleid, um 1900/03, Münchner Stadtmuseum
Richard Riemerschmid, Damen-Kostüm, 3-teilig, 1901, Münchner Stadtmuseum
Desbuisson & Hudelist, Damen-Kostüm, 2-teilig, um 1900, Münchner Stadtmuseum
Damen-Kostüm, 2-teilig, um 1906/07, Münchner Stadtmuseum
Das Buch „Die Antifeministen: Ein Buch der Verteidigung“ von Hedwig Dohm gibt es hier: https://archive.org/details/dieantifeminist00dohmgoog/mode/2up
Quellen
Zitate
https://x.com/rick_sonnens/status/1856605563443990634
https://www.youtube.com/watch?v=gtoR2vAguz4&t=122s
https://www.youtube.com/shorts/eeSowvLyIf4
https://www.youtube.com/@TheBallerinaFarm/shorts
https://www.youtube.com/watch?v=V5aJFioY1pc&t=7s
Studien
https://www.weforum.org/publications/global-gender-gap-report-2024/
https://www.zeit.de/politik/deutschland/umfragen-bundestagswahl-neuwahl-wahltrend
Weiterführende Ressourcen
Weitere spannende Einblicke in die Zeit und Kunst um 1900 in München gibt es noch bis 23. März in der Ausstellung "Jugendstil. Made in Munich" in der Kunsthalle München – eine gemeinsame Ausstellung der Kunsthalle München und des Münchner Stadtmuseums.
Der Katalog zur Ausstellung "Jugendstil. Made in Munich", Herausgegeben von Roger Diederen, Anja Huber, Nico Kirchberger, Antonia Voit, 2024, ist erhältlich im Online-Shop.
Kontaktinformationen
Die Redaktion ist zu erreichen unter presse.stadtmuseum@muenchen.de.
Credits
Recherche und Skript: Anna Scholz
Redaktion: Carolina Torres, Janina Rook, Carol Pfeufer, Maria Tischner, Ulla Hoering, Lena Hensel
Produktion: Anna Scholz, Carolina Torres, Sarah-Laurien Weiher, Johannes Weber
Host: Anna Scholz
Audio-Produktion: mucks audio (Sarah-Laurien Weiher, Johannes Weber)
Musik: mucks audio (Johannes Weber)
Transkript anzeigen
Anna Scholz, Host
Dr. Isabella Belting, Leitung der Sammlung Mode / Textilien des Münchner Stadtmuseums
Prof. Annette Henninger, Professorin für Politik und Geschlechterforschung an der Philips-Universität Marburg
Zitat von Janusz Korwin-Mikke, polnischer EU-Abgeordneter
"And of course women must earn less than men. Because they are weaker, they are smaller and they are less intelligent, they must earn less."
Anna Scholz, Host
Das ist kein Audio-Schnipsel aus den 1950er Jahren, auch wenn ich mir das ganz doll gewünscht habe. Nein, er ist von 2017. Da hat der polnische EU-Abgeordnete Janusz Korwin-Mikke im EU-Parlament zu einer Tirade gegen Frauen angesetzt. Frauen seien schwächer, kleiner, weniger intelligent, und müssten deswegen weniger Geld verdienen als Männer. So eine öffentlich vorgetragene Diskriminierung von einem Politiker war 2017 noch relativ neu und damals umso erschreckender. Doch irgendwie passiert das immer öfter, oder? Dass es weniger Scham gibt, sich abwertend gegenüber Frauen zu äußern? Erst im Herbst 2024 stellte ein CDU-Politiker ganz unironisch das Frauenwahlrecht wieder in Frage. Er postete auf der Plattform "X": "Sollte es so sein, dass Frauenstimmen den politischen Heiratsschwindler Robert H. ins Kanzleramt hieven und damit Deutschland über die Klippe, muss über das Frauenwahlrecht inoffiziell, über anti-emotionalen Demokratieunterricht offiziell nachgedacht werden." Er unterstellt den Frauen also, sie fänden alle Robert Habeck süß und träfen daher keine "vernünftigen" – in großen Anführungsstrichen – Entscheidungen. Mich macht das alles so müde. Warum fühlt sich Feminismus an wie ein Schritt vorwärts, drei zurück?
Der Autor Mark Twain soll einmal gesagt haben, "Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich". Während sich also Orte, Menschen und Details ändern, würde doch immer wieder Ähnliches passieren. Manche Historiker*innen argumentieren auch, dass sich Geschichte in Pendelbewegungen vollzieht, also immer hin und her schwingt. Im Moment, so scheint es, schwingen wir zurück in schon mal dagewesene, düstere Zeiten: Wir erleben einen sogenannten antifeministischen Backlash. Was das genau ist, darüber sprechen wir gleich. Klar ist auch: Diesen Backlash, oder eben Widerstand, haben auch schon viele Feminist*innen vergangener Generationen erlebt. Aber sind wir dieser Pendelbewegung einfach ausgeliefert?
Darüber wollen wir in diesem Podcast sprechen, hallo! Ich bin Anna Scholz, ich bin Journalistin, Kulturwissenschaftlerin und Sozialanthropologin und interessiere mich dafür, wie Gesellschaft uns formt – und wie wir die Gesellschaft formen. In "Zeitschleifen" soll es um Themen gehen, die uns aktuell beschäftigen – aber nicht zum ersten Mal. Was lässt sich lernen von Menschen, die zu anderen Zeiten an ähnlichen Punkten standen?
Eine meiner größten Schwächen, oder "toxic traits", wie man im Internet sagt, ist, dass ich regelmäßig in den Strudel von Social-Media-Kommentarspalten gerate. Es zieht mich dann immer tiefer rein, in die Abgründe des virtuellen menschlichen Miteinanders, wie ein Unfall, bei dem ich nicht weggucken kann. Was mir in letzter Zeit auffällt, ist, mit wie viel mehr Selbstverständlichkeit gewisse Männer ihre Misogynie in die Welt posaunen. Da werden mit Klarnamen, offenem Profil und Profilbild die wildesten Beleidigungen gegen Frauen und queere Menschen kommentiert und mein Gefühl sagt mir: Das wird immer mehr.
Aber mit Gefühlen lässt sich wenig belegen, ich will ja auch nicht gleich "hysterisch" werden – das wird Frauen ja gerne vorgeworfen. Deswegen vielleicht so: Laut dem Gender Gap Report des Weltwirtschaftsforums stagniert die globale Entwicklung zur Gleichstellung. Dieser Report analysiert jedes Jahr die Lücke, die in der Gleichstellung der Geschlechter klafft. Dafür werden verschiedene, soziale Indikatoren berechnet, z.B.: Wie viele Frauen gehen Lohnarbeit nach, wie viele Frauen studieren an Universitäten, oder wie unterscheidet sich die Lebenserwartung der Geschlechter. Bis Männer und Frauen weltweit die gleichen Chancen haben werden, dauert es diesen Berechnungen nach noch 131 Jahre. Bis zur wirtschaftlichen Gleichstellung wird es sogar noch länger dauern. Und ja, Deutschland hat diesen sogenannten Gender Gap "schon" zu 80 Prozent geschlossen, aber auch bei uns gibt es Entwicklungen, die mir gerade Sorgen bereiten. Und bei einer geht es um Gewalt.
Straftaten gegen Frauen und Mädchen sind im Jahr 2023 nämlich in allen Bereichen angestiegen. Das geht aus dem "Lagebild geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten" des BKA hervor. Im Schnitt wird in Deutschland jeden Tag ein Femizid verübt, also eine Frau oder ein Mädchen getötet, weil sie eben eine Frau oder Mädchen sind. Alle drei Minuten erlebt eine weibliche Person in Deutschland häusliche Gewalt, jeden Tag werden hierzulande mehr als 140 Frauen und Mädchen Opfer einer Sexualstraftat. Wenn ich diese Zahlen lese und höre, wird mir schlecht. Vor allem, weil es ja einen Rückschritt bedeutet, es gab schon mal weniger Gewalt. Deswegen frage ich mich: Woher kommt das? Was macht man in Zeiten, in denen die eigenen Rechte in Gefahr sind? Und wie schafft man es, in solchen Zeiten nicht den Mut zu verlieren? Lasst uns für die Antworten auf diese Fragen doch mal in eine Zeit reisen, in denen es mit den Frauenrechten noch richtig mau aussah.
Stell dir vor, du lebst als junge Frau im Jahr 1900 in einem Münchner Arbeiterviertel. Du bist gerade 19 geworden und wohnst noch mit deinen Eltern und drei Geschwistern in einer beengten Mietwohnung. Ein Auszug kommt erst in Frage, wenn du einen Mann gefunden hast, der dich heiratet. Anders kannst du es dir auch gar nicht leisten. Du gehst zwar jeden Tag für zwölf Stunden arbeiten – du bist Näherin in der Textilfabrik – aber deinen Lohn musst du zuhause an deine Familie abgeben. Du arbeitest schon seit fünf Jahren in der Fabrik, nach sechs Jahren Schule war deine Ausbildung mit zwölf Jahren abgeschlossen. Aufs Gymnasium dürfen nur Jungs gehen und für die Schule für "höhere Töchter" muss man aus den richtigen Kreisen kommen. Aber da lernt man sowieso nur Dinge, die man als Ehefrau braucht. Du hättest gerne studiert, Sprachen gelernt, die Welt entdeckt. Nach der Arbeit musst du deiner Mutter im Haushalt und bei der Versorgung deiner kleinen Geschwister helfen. Wenn die im Bett sind, nähst du ein Kleid für deine Nachbarin, für ein wenig Taschengeld. Das Kleid soll ein schickes Korsett haben, so wie es in Mode ist. Die Nachbarin hat dir erzählt, dass einige Frauen aus höheren Kreisen jetzt bewusst weite Kleidung tragen und auf das Korsett verzichten. Ihr habt beide über diese Dummheit gelacht: Wie wollen diese Frauen denn einen Mann finden?
Um 1900 ist die Lage der Frau in Deutschland noch ziemlich düster: Frauen durften nicht wählen, nicht aufs Gymnasium gehen, Rollenbilder waren auf Ehe und Haushalt beschränkt und sie waren vollständig von Männern abhängig. Aber gleichzeitig rollte seit Mitte des 19. Jahrhunderts die erste Welle des Feminismus, die deutsche Frauenbewegung, heran. Louise Otto-Peters gilt als Begründerin dieser Bewegung, sie hat sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem für bessere Bildungschancen und gesellschaftliche Teilhabe eingesetzt – und: Sie gründete die erste nationale Frauenorganisation in Deutschland. Sie legte den Grundstein für vieles, was wir im 21. Jahrhundert als selbstverständlich ansehen.
Dr. Isabella Belting, Leitung der Sammlung Mode / Textilien des Münchner Stadtmuseums
Es ist für mich eher so eine Bewegung, dass sich Frauen ihrer Situation und ihrer Rolle bewusstwerden und entweder sich dagegen auflehnen oder aber eben weiterhin damit sozusagen konform gehen.
Anna Scholz
Das ist Dr. Isabella Belting. Sie hat Geschichte und Literatur studiert und leitet heute die Sammlung Mode und Textilien des Münchner Stadtmuseums. Und die Mode der Zeit wollen wir uns hier mal genauer ansehen. Sie kann nämlich durchaus als Symbol für gesellschaftlichen Wandel gesehen werden – und sie zeigt uns die Lebensrealität von Frauen. Müssen sie enge Korsette tragen? Ihre Körper in vorgegebene Muster pressen? Dürfen sie frei atmen? Sich frei bewegen? Die Wahl der Kleidung steht gerade in den vergangenen Jahrhunderten für mehr als individuellen Style. Und dabei wird Isabella mir in dieser Folge helfen.
Also, zurück zur Jahrhundertwende 19./20. Jahrhundert. Die Frauenbewegung steckt in den Kinderschuhen und das sieht man auch an den Modetrends – es gab nämlich zwei gegensätzliche:
Isabella Belting
Es gab die ganz konservative Modelinie, die hauptsächlich aus Paris kam. Das hieß, dass die Damen ein sehr, sehr enges Korsett tragen mussten. Das war die sogenannte Sans-Ventre-Linie, also Sans-Ventre heißt ohne Bauch, der wurde weggedrückt durch das Korsett.
Anna Scholz
Diesen Trend gingen aber nicht alle Frauen mit:
Isabella Belting
Dazu gab es parallel dann ab 1900, 1903 oder 1905 die Reformkleidbewegung, die sozusagen auf das Korsett verzichten wollte. Das waren dann lose, fallende Stoffe und Gewänder, die die Taille sozusagen freilassen sollten. Die Frau sollte frei durchatmen können.
Anna Scholz
Diese Reformkleider waren aber nicht nur irgendwelche losen Gewänder, also schon gar nicht in den gehobenen Kreisen der Gesellschaft.
Isabella Belting
Die Jugendstilmode ist auf jeden Fall ähnlich wie diese ganzen Elemente auch im Kunsthandwerk, dass es eben diese Naturbewegung gab. Es gab diese Wellenlinien und diese Schnörkel und diese Naturverbundenheit mit Blumen und Blüten und allen möglichen in der Richtung.
Anna Scholz
Wie genau das aussah, könnt ihr euch noch bis zum 23. März 2025 in der Kunsthalle München, in der Ausstellung "Jugendstil. Made in Munich" ansehen. Isabella hat Reformkleider aus der Sammlung des Münchner Stadtmuseums dort ausgestellt und im Vergleich gibt es dort natürlich auch Korsettkleider aus der Zeit. Wir verlinken euch aber auch Bilder in den Shownotes.
Isabella Belting
Das Korsett besteht ja schon seit vielen Jahrhunderten in der Damenmode, muss man sagen. Die letzte große Phase war dann zum Beispiel im Rokoko gewesen. Danach fiel das Korsett in der Empire-Mode, dann kam es wieder im Biedermeier, dann fiel auch zwischendrin wieder das Korsett, dann kam es wieder in der Sans-Ventre-Linie um 1900 und fiel durch die Reformmode. Das heißt, man beobachtet in der Mode sehr schön, wie das Korsett immer wieder modern ist und dann immer wieder aufgebrochen wird durch freiheitliche Gesinnungen, aber eben doch immer auch wiederkehrt.
Anna Scholz
Ihr erinnert euch an das Bild mit dem Pendel: Das kann man in der Mode richtig gut beobachten, weil hier die Pendelschläge besonders eng getaktet sind. Genauso wie die Hüfthosen in den letzten Jahren viel zu schnell wieder gekommen sind, ist auch das Korsett über viele Jahrhunderte immer wieder im Trend.
Isabella Belting
Genau, der Umbruch ist wirklich sehr, sehr kurze Zeit und es ist eben interessant zu sehen, dass in den Zeiten, wo das Korsett getragen wird, eine oft konservative Haltung in der Gesellschaft ist, siehe auch die Fünfzigerjahre, man wollte nach dem Krieg endlich wieder Ordnung haben und natürlich auch Disziplin, die Wirtschaft wurde wieder aufgebaut und die Frauen wurden wieder zum hübschen Aushängeschild der Männer.
Anna Scholz
Das Korsett steht also für konservative Strömungen, für Disziplin und die "traditionelle" Rolle der Frau, deren Platz im Haushalt ist und deren größte Errungenschaft es ist – weil es auch so ziemlich die einzige Möglichkeit für ein sicheres Leben ist – einen Mann zu finden, der sie heiratet. Ich weiß nicht, wer von euch den "Tradwives"-Trend verfolgt – über dessen Hintergründe sprechen wir auch später noch – da geht es ja um eine Romantisierung der traditionellen Hausfrauen-Rolle. Und da höre ich irgendwie oft von Frauen, wie wichtig es sei, sich für seinen Mann schön anzuziehen und zu stylen, auch wenn man nur das Klo putzt. Und vor über 100 Jahren war das einfach essenziell.
Isabella Belting
Und gerade um 1900 war ja die Frau der besseren Gesellschaft darauf aus, eine gute Partie zu machen, also einen wohlhabenden Mann zu heiraten und das hatte man eben doch eher im Blick mit einem schönen Korsett und einem tollen, engen Kleid als mit diesen oft sackartigen Reformkleidern, sage ich jetzt mal.
Anna Scholz
Diese "sackartigen" Reformkleider waren durchaus ein Akt der Rebellion. Zum einen ging es den Frauen, die diese Kleider trugen, um Gesundheit und so banale Dinge wie: atmen können und sich nicht die Organe abzuschnüren. Aber sie waren natürlich auch ein Signal, dass sie sich nicht nur als "hübsches Beiwerk" definierten. Und wer damals Reformkleider trug, musste ein ganz schön dickes Fell haben – vielleicht kann man das vergleichen mit Frauen, die sich heute nicht mehr die Beine oder Achselhaare rasieren.
Isabella Belting
Sie wurden natürlich aufs Korn genommen, diese ganze Reformmode wurde aufs Korn genommen, es gibt also Karikaturen, wo eben eine Enggeschnürte sich halb totlacht über eine in Reformkleid und dass sie auf die Weise doch nie Familie und Kinder haben wird, also das war schon auch mit einer gewissen Bissigkeit verbunden, aber das ist in der Mode ganz oft der Fall, dass es karikativ behandelt wird.
Anna Scholz
Das heißt, es war dann aber schon ein mutiges Statement, wenn man diese Kleider getragen hat.
Isabella Belting
Ja, also es war zumindest ein Statement, dass man gegen diese konservativen Strömungen sozusagen darauf gepfiffen hat und dass es einem wichtig war, dass man sich frei bewegen kann und gesund ist, also ein gesundes Leben führt, aber es war wirklich eine relativ übersichtliche Gruppe von Frauen, die das gemacht hat, das muss man dazu sagen.
Anna Scholz
Die Frauen, die dieses "Statement" gewagt haben, waren häufig Künstlerinnen oder Künstlergattinnen, Frauen aus der gehobenen Gesellschaft.
Isabella Belting
Das waren also, wenn die Damen der besseren Gesellschaft, sprich, also auch ein gewisser intellektueller Hintergrund musste da dahinter sein, damit man sich bewusst wurde über Gesundheit und überhaupt über das ganze Problem der Korsetts wirklich Bescheid wusste, durch Ärzte, durch Reformer oder durch diese Freikörperkultur, die ja in der Zeit aufkamen.
Anna Scholz
Das Reformkleid hat sich schließlich nicht durchgesetzt, aber es hat kurz für Unruhe in der Gesellschaft gesorgt.
Isabella Belting
Also immer, wenn das Korsett fiel, hatte die Gesellschaft, die konservative Gesellschaft das Gefühl, jetzt hält das Laster Einzug, weil eben das Korsett weg ist, was einen Menschen diszipliniert und Halt gibt.
Anna Scholz
Und auch wenn es Reformkleider nicht geschafft haben, der Freiheitskampf der Frauen nahm ab 1900 richtig Fahrt auf.
Isabella Belting
Es gab feministische Strömungen, die Suffragettenbewegung, dass Frauen das Wahlrecht bekommen, setzt ja Anfang des 20. Jahrhunderts ein.
Anna Scholz
Denn die Frauen damals hatten natürlich auch noch viel größere Probleme als das Korsett: Sie durften nicht wählen, waren sozial und wirtschaftlich abhängig von Männern, der Zugang zu höherer Bildung war ihnen größtenteils verwehrt. Und natürlich gab es auch damals das Problem der Gewalt gegen Frauen – nur hat man nicht so offen darüber gesprochen wie heute.
Frauen, die sich gegen diese Missstände auflehnten, bekamen starken Gegenwind zu spüren. Das ist wenig überraschend, denn diese Frauen waren ja mit die ersten, die gegen einen über Jahrhunderte etablierten Status Quo kämpften. Aber dass zu der Zeit, genauer: 1902, schon das Wort "Antifeminismus" geprägt wurde, hat mich dann aber schon überrascht. Die Schriftstellerin Hedwig Dohm veröffentlichte in dem Jahr ein Buch mit dem Titel "Die Antifeministen", in dem sie die Gegner der Frauenbewegung in vier Kategorien einsortierte und während ich es gelesen habe, habe ich immer wieder gedacht "ja, so weit weg von heute ist sie gar nicht". Das waren ihre Kategorien: Erstens: Die "Altgläubigen", die "an den lieben Gott" und Naturgesetze glauben, zweitens, die "Herrenrechtler", die mehr auf ihre Rechte als Mann pochten, als auf irgendwelche himmlischen Gebote, drittens, die "praktischen Egoisten", die in der Emanzipation Nachteile für sich selbst befürchten und viertens, die "Ritter der mater dolorosa", also die "Ritter der schmerzensreichen Mutter". Damit meint sie vor allem Mediziner, die Frauen aufgrund ihres "schwächeren Körpers" und der monatlichen Blutung Gleichberechtigung absprechen. All diese Typen charakterisiert sie mit viel Ironie und sehr smart, man kann das Buch inzwischen online gratis lesen, wir verlinken es euch in den Shownotes.
Wenn wir also so in die Vergangenheit blicken, wird klar, dass a) Frauenbewegungen schon immer viel Widerstand erlebt haben und b) selbst kleine Akte des Widerstands, wie das Tragen von Reformkleidern, zu einem Symbol für Freiheit und Gleichberechtigung werden können. Die Frauen der ersten Frauenbewegung hatten den Mut, konservative Strömungen herauszufordern, indem sie ihre Stimme und ihr Handeln gegen den Status quo setzten. Und bevor wir klären, wie man jetzt gerade den Mut nicht verliert, lasst uns doch mal schauen, woher der aktuelle Backlash überhaupt kommt. Um das zu klären, springen wir mal zurück ins Jetzt.
Prof. Annette Henninger, Professorin für Politik und Geschlechterforschung an der Philips-Universität Marburg
Mein Name ist Annette Henninger. Ich bin Professorin für Politik und Geschlechterforschung an der Philips-Universität Marburg jetzt seit 2009.
Anna Scholz
Annette Henninger hat von 2017 bis 2020 ein interdisziplinäres Forschungsprojekt zu Antifeminismus geleitet, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde. Antifeminismus wird also auch auf staatlicher Ebene bereits als so großes Problem wahrgenommen, dass die Erforschung mit öffentlichen Geldern finanziert wird. Und Annette Henninger nimmt mich direkt mit an den Anfang des aktuellen Backlashes. Den Ursprung nimmt die Welle Mitte der 90er im Vatikan – als Reaktion auf die vierte Weltfrauenkonferenz der UN in Peking, wo das sogenannte "Gender Mainstreaming" beschlossen wurde. Dahinter steckt ein umfassendes Konzept zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Stärkung von Frauen und Mädchen weltweit. Dass der erzkonservative Vatikan damit Probleme hat, überrascht mich nicht – und diese Art des Widerstands kommt zu der Zeit auch noch nicht so wirklich in der breiten Masse an.
Annette Henninger
Und es änderte sich dann in Westeuropa mit dem Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen und Parteien.
Anna Scholz
Der Populismus fällt ja auch hier in Deutschland und Österreich auf fruchtbaren Boden. Während ich Anfang Januar diese Podcastfolge vorbereite, ist die AfD in den Umfragen für die deutsche Bundestagswahl 2025 auf Platz zwei und in Österreich wurde gerade Herbert Kickl, der Chef der rechts-außen Partei FPÖ mit der Regierungsbildung beauftragt. Dass Parteien wie die AfD und FPÖ an Zuspruch gewinnen, liegt auch daran, dass immer mehr Menschen Ängste haben. Vor dem Abstieg, davor, dass ihnen etwas weggenommen wird.
Annette Henninger
Wir haben ja spätestens seit den Hartz-Reformen 2005 so eine große Debatte über Prekarisierung, dass Leute eben nicht nur wirklich handfest materiell sich einschränken müssen, sondern eben, dass auch die Ängste vor einem sozialen Abstieg sehr zugenommen haben und im Zuge dessen eben Menschen anscheinend anfälliger werden für alle möglichen Krisen- und Bedrohungsnarrative. Das ist ja auch in der Forschung ein Erklärungsversuch für den aktuellen Aufstieg für Antifeminismus.
Anna Scholz
So ein bisschen der Klassiker: Ich habe Angst, dass mir etwas weggenommen wird und suche die Schuld dafür bei Minderheiten oder Bevölkerungsgruppen, die sowieso schon diskriminiert werden. Antifeministische Überzeugungen werden dann im Laufe der folgenden Jahre durch populärwissenschaftliche Bücher und konservative Medien, die schon früh vor einer "Genderideologie" warnen, immer weiter verbreitet.
Annette Henninger
Also es geht um eine weltanschauliche Gegenbewegung gegen Feminismus. Also Antifeminismus richtet sich ja nicht in erster Linie gegen Frauen, also das kann schon dazu führen, dass einzelne Frauen da auch persönlich angegriffen werden. Antifeminismus richtet sich gegen Feminismus.
Anna Scholz
Der vielen rechts-konservativen Kräften ein Dorn im Auge ist.
Annette Henninger
Da geht es wirklich auch dezidiert darum, feministische Errungenschaften quasi zurückzufahren.
Anna Scholz
Ein aktuelles Beispiel sind Abtreibungsrechte in den USA: Dort ist Abtreibung nun in vielen Bundesstaaten wieder illegal, es wird den Frauen dort also die Entscheidung über ihren eigenen Körper abgesprochen – mit teils lebensgefährlichen Folgen. Und diese Entwicklung kommt auch daher, dass Feminismus eine Bedrohung für Menschen ist, die im traditionell patriarchalen System Erfolg hatten.
Annette Henninger
Und Feminismus ist ja durchaus eine Denkbewegung und auch politische Strömung, die für einen Abbau von Herrschaftsverhältnissen eintritt, die für eine Liberalisierung und auch eine Entnormierung von Geschlechterverhältnissen eintritt.
Anna Scholz
Das heißt also: Feminismus stellt traditionelle Rollen infrage und bricht sie auf. Zum Beispiel die Rolle der Frau, die ökonomisch und sozial abhängig von ihrem Mann ist, wie das vor 100 Jahren noch der Fall war. Dadurch werden Frauen unabhängiger und eben auch mächtiger. Sie kriegen auch ein Stück vom Kuchen ab. Aber Kuchen ist nun mal endlich, darum müssen andere abgeben. Und das schmeckt natürlich nicht allen. Viele Menschen haben Angst vor dem sozialen Abstieg und suchen Schuldige, oder sie fühlen sich in ihrem geordneten Weltbild bedroht.
Antifeminismus wächst also auf einem populistischen Nährboden. Aber sind diese Einstellungen wirklich nur in rechts-konservativen Teilen der Bevölkerung zu finden? Tatsächlich gibt es noch keine belastbaren Daten, die zeigen könnten, wer genau antifeministische Einstellungen teilt. Die Fallstudien von Annette Henninger und ihrem Team zeigen, dass sie in allen sozialen Schichten vorkommen. Zwei Indikatoren gibt es aber:
Annette Henninger
Die meisten gesellschaftlichen Gruppen, sind progressiver geworden und es gibt aber zwei Milieus, die da so ein bisschen nach rechts abgebogen sind. Und das sind Teile der gebildeten Oberschicht und Teile so traditioneller sogenannte abgehängte Arbeitermilieus.
Anna Scholz
Dass es nicht so klar zu sagen ist, wer jetzt genau diese antifeministischen Einstellungen teilt, fällt auch online auf. Wer ähnlich chronisch online ist wie ich, dem sind zwei große Trends nicht entgangen: Zum einen die Tradwives, die schauen wir uns gleich an, und zum anderen gibt es immer mehr problematische Männlichkeits-Influencer – wovon Andrew Tate wohl der bekannteste ist – die nicht nur traditionelle Rollenbilder predigen sondern Frauen auch aktiv abwerten. Und damit die so erfolgreich werden konnten, mussten verschiedene Phänomene ineinandergreifen, sagt Annette Henninger. Das eine spielt sich auf dem Land ab.
Annette Henninger
Die höher qualifizierten Frauen wandern ab, die jungen Männer bleiben zurück und finden dann dort vor Ort keine Partnerinnen mehr. Da gibt es ja schon länger so eine Debatte über, ich würde das aber gar nicht auf Ostdeutschland beschränken, sondern auch überhaupt ländliche Gegenden. Aber auf der anderen Seite, wenn ich mich hier so in Marburg umgucke, alte Universitätsstadt, oben auf dem Hügel haben die ganzen Burschenschaften ihre Häuser, die haben gerade auch wieder ziemlich einen Aufwind. Vor allen Dingen die rechten, teilweise auch extrem rechten Burschenschaften, die haben natürlich einen unglaublichen Aufwind gekriegt mit dem Einzug der AfD in die Parlamente. Die AfD brauchte nämlich dann auf einmal ganz viel Personal und rekrutierte das unter anderem in den Burschenschaften.
Anna Scholz
Es sind also die Herrenrechtler und die praktischen Egoisten, würde Hedwig Dohm wahrscheinlich sagen. Und die können in allen gesellschaftlichen Schichten vorkommen. Das weibliche Pendant zu diesen Männlichkeitsinfluencern ist vielleicht ein anderer Trend, der auch in allen Schichten vorkommt: die sogenannten "Tradwives", also die traditionellen Ehefrauen.
Annette Henninger
Dieses Phänomen ist ein ziemliches Chamäleon. Der Tenor ist ja immer sehr stark, Feminismus, einige dieser Protagonistinnen sagen von sich auch selber, ich bin Feministin, und Feministin sein bedeutet für mich, dass ich mein Leben so gestalten kann, wie ich das möchte, und ich möchte eben gerne Hausfrau und Mutter sein. Bitte, Geschlechterkonservatismus ist ja nicht verboten in Deutschland, und jede kann ja so leben, wie sie möchte.
Anna Scholz
Es gibt da aber auch eine dunklere Seite.
Annette Henninger
Aus den USA kennt man das schon ein bisschen länger, da gibt es da sehr starke Überschneidung und Vernetzung einerseits mit christlich fundamentalistischen Akteurinnen und mit der Alt-Right, also mit der Extremrechten, also bis hin dazu, dass dann in diesen Trad-Wife-Blogs Links gesetzt werden zu extremrechten oder christlich fundamentalistischen Plattformen, oder dass eben Leute aus diesem Spektrum dann da auch als Gäste auftreten in den Blogs.
Anna Scholz
Und das ist dann schon aktiver Antifeminismus. Und die aktuelle Welle des Antifeminismus, die hier jetzt seit über zwanzig Jahren rollt, die ist richtig gefährlich.
Annette Henninger
Ja, also es ist auf jeden Fall eine Gefahr für die Demokratie, weil diese Diskurse, also Hate Speech in den sozialen Medien hat ja reale Effekte.
Anna Scholz
Der Hass, den weiblich gelesene Menschen online, aber zum Teil auch schon in Person, erleben, kann verständlicherweise extrem abschreckend wirken.
Annette Henninger
Also was Parlamentarier*innen, also vor allen Dingen Frauen, dann auch nochmal ein sexualisierter, abwertender Hate Speech sich da anhören müssen, da überlegt man sich dann schon zweimal, kandidiere ich jetzt tatsächlich nochmal, tue ich mir das für weitere vier Jahre nochmal an.
Anna Scholz
Dabei sind Bundestagsabgeordnete da natürlich noch viel besser geschützt als Aktivist*innen oder Politiker*innen auf dem kommunalen Level. Und wenn sich Menschen nicht mehr trauen, sich zu engagieren, dann hat das selbstverständlich weitreichende, gesellschaftliche Konsequenzen.
Annette Henninger
Sehr viele Themen werden dann auch der politischen Aushandlung entzogen und es wird wirklich auch ein Klima der Angst geschaffen, das eben bestimmte Menschen eben nicht gerade ermutigt, sich politisch zu betätigen. Und insofern haben diese antifeministischen Diskurse jetzt schon sehr reale Auswirkungen auf die Demokratie.
Anna Scholz
Kriegen wir jetzt noch die Kurve zu was Positiveren oder vielleicht zu was Konstruktiven? Was ist denn Ihrer Ansicht nach jetzt ein Weg dagegen anzugehen?
Annette Henninger
Ja, ich meine reden, reden, reden. Also klar, mit Maximilian Krah braucht man da nicht mehr zu diskutieren, aber ganz viele Menschen, die da noch so unentschieden daneben stehen und sich das angucken, also mit denen kann man ja durchaus ins Gespräch kommen.
Anna Scholz
Ganz kurz: Maximilian Krah ist ein AfD-Politiker und EU-Abgeordneter, der sich auf TikTok mit sehr polarisierenden Aussagen an ein junges Publikum wendet.
Also auch mal aus seiner Bubble raus vielleicht ein bisschen.
Annette Henninger
Ja, ja, unbedingt.
Anna Scholz
Auch ein Zusammenschluss ist wichtig. Spüren, dass man nicht alleine ist. Und wer dazu noch mehr Input braucht, hört nochmal in die erste Folge rein, da geht es genau darum.
Ich fasse nochmal zusammen: Wir erleben hierzulande gerade zweifelsfrei einen antifeministischen Backlash – das zeigt die steigende Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Deutschland und vor allem auch das Erstarken antifeministischer Bewegungen. Befeuert durch populistische und konservative Narrative, zielen die darauf ab, feministische Errungenschaften zurückzufahren und Geschlechterrollen zu konservieren. Eine Ursache dafür liegt womöglich in sozialen und wirtschaftlichen Unsicherheiten, die Menschen anfällig für einfache Schuldnarrative machen. Populistische Rhetorik trifft auf fruchtbaren Boden und Social Media ist ein unkontrollierbarer Lautsprecher für antifeministische Influencer*innen.
Ich habe mich zu Beginn der Folge aber ja auch gefragt, ob wir zum ersten Mal einen so intensiven Widerstand gegen Feminismus erleben – und das tun wir natürlich nicht. Die Frauenbewegung hatte von Beginn an Gegner, und auch Gegnerinnen, das zeigt uns ein Blick in die Vergangenheit – und das sollte uns Mut machen. Denn genauso wie das Korsett als Symbol für traditionelle, konservative Frauenbilder, über Jahrhunderte immer wieder gekommen und gefallen ist, bis es seit den 50er Jahren – vorerst – eingemottet ist, gibt es auch im feministischen Aktivismus diese Pendelbewegungen der Geschichte. Und wer weiß, vielleicht bedeutet der aktuelle Backlash gerade auch nur, dass der nächste große Durchbruch kurz bevorsteht? So ähnlich wie es die Reformkleider zwar nicht geschafft haben, dafür gab es dann aber das Wahlrecht für Frauen, kurz darauf.
Die Geschichte lehrt uns, dass Veränderungen Zeit brauchen, Mut und Zusammenhalt erfordern. Feministische Bewegungen sollten daher gestärkt und breite gesellschaftliche Bündnisse geschlossen werden, um dem aktuellen Backlash entgegenzuwirken und eine gleichberechtigtere Zukunft zu gestalten.
Geschichte mag sich nicht wiederholen, aber sie reimt sich. Aus ihren Rhythmen können wir lernen, wie wir unsere Gegenwart bewältigen und eine nachhaltige Zukunft gestalten. Wahrscheinlich werden wir auch in Zukunft Zeitschleifen drehen und uns an Punkten wiederfinden, die wir aus der Geschichte kennen – und vielleicht ist das auch ganz gut? Aus Wiederholung lernt man schließlich. Wenn man denn möchte.
Für heute war es das, in der nächsten Folge beschäftigen wir uns mit dem Thema Mensch und Maschine, und da wird es auch ein wenig optimistischer – versprochen. Wenn euch diese Folge gefallen hat, freuen wir uns, wenn ihr den Podcast abonniert und weiterempfehlt. Reformkleider und Korsette findet ihr digital in den Shownotes und analog noch bis zum 23. März 2025 in der Kunsthalle München, in der Ausstellung "Jugendstil. Made in Munich". Die Ausstellung ist ein gemeinsames Projekt des Münchner Stadtmuseums und der Kunsthalle München.
"Zeitschleifen" ist ein Podcast des Münchner Stadtmuseums. Audioproduktion: Mucks Audio, Redaktion: Carolina Torres und das Team Kommunikation des Münchner Stadtmuseums, Autorin dieser Folge bin ich, Anna Scholz.
Damit wir ein bisschen beschwingt aus der Folge rausgehen, erklärt uns Isabella noch, wie die modischen Zeitschleifen für Frauen nach der Reformkleidung so aussahen – tatsächlich haben wir das Korsett noch gar nicht so lange hinter uns gelassen.
Isabella Belting
Es waren ja die wilden Zwanzigerjahre, muss man tatsächlich sagen, und auch die sexuelle Befreiung der Frau, das war da sehr viel Selbstbestimmung und Experimente, und auch diese Zeit hat sich ja zurückgedreht, die Dreißigerjahre wurden wieder strenger, und dann dürfen wir nicht vergessen, nach dem Zweiten Weltkrieg kam wieder eine Korsettzeit, nämlich die Linie von Christian Dior, die die Frau absolut in eine sehr, sehr enge Taille steckt, und auch das Korsett war wieder absolut üblich, also kein Kleid ohne Korsett in der Zeit, das wird wieder aufgebrochen in den Sechzigerjahren, wo diese Hängerkleidchen kommen, also wir sehen, das ist wirklich ein Auf und Ab in der Mode, ich würde sagen, dass wir eigentlich seit den Siebzigerjahren, die doch durch sehr viel Farbe, Freiheit und Stilmix bis heute geschafft haben, dass wir so frei uns anziehen dürfen, wie wir wollen, dass Korsett so nicht mehr wirklich obligatorisch war.
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